Künstliche Intelligenz für Texter:innen

Hello! How can I assist you today?

CHAT GPT – Dressierte Quasselstrippe oder kluger Sparringpartner?

Ist es jetzt soweit, können wir als Texter:innen buchstäblich einpacken, während Kolleg:in Chatbot bereits den Nekrolog auf unsere Zunft verfasst? Droht der Kreativwirtschaft eine Entlassungswelle oder werden wir bald zu Clickworker:innen auf dubiosen KI-Farmen, denen es obliegt, missbräuchliche, rassistische und andere gruselige Inhalte auszulesen, um die KI darin zu trainieren, etwaige -ismen, Hetze und gewalttätigen Content nicht zu reproduzieren? Oder ist die gehypte generative künstliche Intelligenz (KI) auch für die Zunft der Wortakrobat:innen ein durchaus nützliches Tool, welches als Inspirationsquelle, Spielzeug und Wissensschatz dienen, Prozesse optimieren oder unliebsame Aufgaben übernehmen kann?

Eins vorweg: Totgesagte schreiben länger!

Buchstäblich, denn dass dieser Text nicht von einer KI erstellt wird, erkennen findige Leser:innen allein daran, dass dem Beitrag keine offensichtliche Struktur zugrunde liegt, artfremde Wortschöpfungen den Text aufrüschen, die dem artigen Bot gewiss nicht in den Quellcode schießen würden, so dass so manche/r vergeblich auf das Ende des ein oder anderen Satzes hofft.

Dieser Beitrag wurde von einer Texter:in mit Hang zu hypotaktischen Schachteln recherchiert, in die Tasten geklöppelt und das ein oder andere Mal auf links gedreht, während eine KI absolut fehler- und kompromisslos, gut strukturiert und perfekt interpunktiert im Nullkommanix die Chancen und Gefahren der neuen Technologie dargeboten hätte. Mit Spiegelstrichen, das versteht sich von selbst! Ein Federstreich, der ganz nebenbei das Ende meiner Laufbahn bei W&S – ach was, der schreibenden Zunft als solcher – prognostiziert: „KIs können menschliche Texter*innen ersetzen“ Punkt. Und vollkommen unSEOmäßig mit queerpositivem Gendersternchen! Immerhin.

Chat GPT kennt W&S nicht
Chat GPT beschreibt allgemein
Chat GPT schreibt ein Sonett
Chat GPT wendet ethische Richtlinien

Ist dem so?

Müssen wir als Texter:innen Schnappatmung bekommen?

Drehen wir den Spieß doch mal um: Auf Herz und Nieren geprüft, zeigt sich schnell, wozu ChatGPT taugt oder eben nicht. Welche Chancen bietet ChatGPT für unsere Arbeit als Texter:innen und/oder Contentcreater:innen.

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Effizienz vs. Fake-News

  1. Die KI selbst führt sich selbst als Möglichkeit an, die Effizienz bei der Erstellung von Inhalten zu steigern, „indem sie automatisierte Prozesse und personalisierte Empfehlungen“ (https://chat.openai.com/chat [01.03.2023]) ermögliche. Immerhin verweist sie bei der Frage nach Risiken darauf, dass künstliche Intelligenzen „in einigen Fällen ungenaue oder fehlerhafte Ergebnisse produzieren“ (Ebd.) können, was zu Qualitätsproblemen in den erstellten Inhalten führen kann. Was vorbildlich im Konjunktiv verbleibt und dadurch vorsichtig selbstkritisch klingt, unterschlägt allerdings, dass User:innen weder die Quellen der Inhalte nachvollziehen, noch auf die Aktualität der Informationen bauen können, das heißt, dass Schreiberlinge, die hier nicht sauber recherchieren, „wes Geistes Kind“ (Ovid) die Copy-Paste-Spielerei ist, machen sich unter Umständen der Urheberrechtsverletzung, Reproduktion von Fake-News oder der selbstentlarvenden Gestrigkeit oder Uninformiertheit schuldig. So weiß ChatGPT beispielsweise weder von Annalena Baerbocks Position als Außenministerin Deutschland, noch von Putins Krieg gegen die Ukraine.

ChatGPT erläutert die Chancen der KI

Infolge der Inaktualität und Limitierung der KI auf das, womit sie gefüttert wird, stellt sich die Frage, inwieweit uns die KI tatsächlich darin unterstützen kann, personalisierte Inhalte auf der Grundlage von Nutzerdaten zu erstellen und durch diese Personalisierung die Relevanz und Effektivität von Inhalten zu erhöhen.

SPAM me up Botty

Zudem kann es passieren, dass Google „automatisch generierte Spaminhalte“ ohne echten Mehrwert abgestraft, so dass sich dadurch das Ranking der entsprechenden Seiten verschlechtert, was dem Sinn von Contentmarketing und Suchmaschinenoptimierung vollkommen zuwiderläuft.

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Schluss mit Kauderwelsch

Dass KI-Tools Grammatik-, Rechtschreib- und Stilfehler erkennen, korrigieren sowie die Einhaltung von Markenrichtlinien gewährleisten können, ist allerdings ein echter Mehrwert in punkto Qualitätssicherung, insofern sie bewusst gesetzte Brüche mit dem was gut und richtig ist nicht als Fehler negieren und damit ein stückweit die menschliche Kreativität beschneiden. Vielleicht ist also endlich Schluss mit dem ewigen Kauderwelsch zu flinker Finger und den Verschlimmbesserungen durch die gute alte Pest namens Autokonk… Autokompott, … gmpf…. Autokorrektur. Na endlich!

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Von Artenschutz bis Zellbiologie

(Vor-)Teil unseres Jobs ist es, jeden Tag etwas Neues zu lernen. Die KI kann große Datenmengen analysieren und wichtige Erkenntnisse und Trends identifizieren, durch die sich Inhalte optimieren lassen. Anders als diverse Suchmaschinen ist er-sie-es jedoch nicht nur eine große Hilfe bei der Datenanalyse, sondern durchaus dazu imstande, Folgefragen auf den Kontext zu beziehen. Insofern macht der Chat mit der KI durchaus Sinn, um einen Ersteinstieg in neue Themen zu finden, Recherche zu betreiben und schnell Ideen zu generieren.

Ein Prozess, der durch die dialogische Anmutung durchaus Spaß macht.

Chat GT erzeugt ein Beispiel für eine contradictio in adiecto
Chat GPT definiert contradictio in adiecto

Doch wie kreativ ist die KI?

Unser Test zeigt, die KI kann aus einer Liste von Stichpunkten eine Fließtext erstellen, perfekt Genreregeln oder literarische Stilfiguren (von Ballade bis Krimi) anwenden, Synonyme finden, Hedlines vorschlagen, bei der Keywordrecherche unterstützen, das Gerüst – entsprechend einer vorgegebenen Zeichenzahl inkl. Emoticons – für Feedpostings und Co. liefern. All das ist möglich – sofern ChatGBT die Anweisung versteht.

Was sie nicht kann, ist mit den Regeln brechen.

Schwarz oder weiß, richtig oder falsch, „nicht angemessen“ oder „mit den ethischen Richtlinien konform“, kein Dazwischen oder alles ekelhaft ausgewogen, aber nicht wirklich kritisch. Hat die KI beispielsweise gelernt, dass psychische Störungen ein diffiziles Thema sind, so wird sie diese ethisch korrekt behandeln, sozial erwünschte Antworten ausspucken, aber keinen kreativen Weg aufzeigen, das entsprechende Feld literarisch zu bearbeiten.

Die Autorin Isabelle nimmt ChatGPT unter die Lupe

Die künstliche Intelligenz ist keine kreative Intelligenz

Sie kann in vielen Bereichen Funken liefern, an denen sich unsere menschliche Kreativität entzündet, sie kann – ganz praktisch gedacht – den Schaffensprozess unterstützen. ChatGPT offeriert Nutzer:innen jederzeit die Möglichkeit, sich mit jemandem über eine Idee, ein Thema, ein Projekt auszutauschen, sich Inspiration und Fakten einzuholen oder auch Fragen aufzuwerfen, die uns beim Denken, Entwickeln und Schöpfen neuen Universen unterstützen können.

 Kreative Koexistenz

Auch wenn ChatGPT Prozesse beschleunigen und als Inspirationsquelle dienen kann, besteht aktuell nicht die Gefahr, dass ChatGPT den Austausch mit unseren Kolleg:innen ersetzen oder uns als Texter:innen, Autor:innen oder Contentcreater:innen ablösen könnte.

Kreative, die bei neuen Entwicklungen am Ball zu bleiben, sich mit Neuerungen und aktuellen Entwicklungen auseinandersetzen, offen für neue Tools sind, die eigene Neugierde pflegen und sich ausprobieren, müssen nicht fürchten auszusterben, sofern sie nicht im Angesicht der künstlichen Intelligenz versteinern.